Heute ist Samstag und der nächste Umzug ist fällig. Ich hätte noch bis Montag im John Knox Center bleiben können. Allerdings habe ich es satt, in einem Loch zu wohnen. Nicht nur ist mein ‚Zimmer’ hässlich, klein, und dunkel, es ist auch kalt und feucht, wie Keller das so an sich haben. Die Heizung ist aus und mein Bett sowie sämtliche Textilien sind staendig klamm, was mir schon eine Erkältung eingebracht hat. Ich wollte mit der Dame an der Rezeption den stolzen Preis von 56 Franken nachverhandeln. Dieser Preis enthält ein lausiges Frühstück, welches nicht einmal Wurst oder Käse einschließt. Die Dame ließ nicht mit sich reden und erklärt, dass Zimmer wäre schon billiger als die anderen. Zusätzlich bekomme ich lange Erklärungen, warum die Heizung nicht geht aber ab heute funktionieren wird, was jedoch auch in der nächsten Nacht nicht der Fall sein wird. So entschließe ich mich zum Umzug in die ‚Residence Universitaire Internationale’ (RUI).
Dabei handelt es sich um ein modernes Studentenwohnheim, hundert Meter vom See und direkt neben dem Palais Wilson, in welchem das OHCHR untergebracht ist. Ironischerweise ist John Knox in unmittelbarer Nähe der ILO, wo ich ab jetzt arbeiten werden, während meine neue Unterkunft direkt neben der Einrichtung ist, wo ich letzte Woche täglich hinfuhr. Das von mir ab Monatsmitte gemietete Zimmer liegt leider auch nicht in unmittelbarer Nähe meines Arbeitsplatzes. Mit der RUI hatte ich mehrmals telefoniert und hatte die Dame schließlich überredet, mir ein Zimmer anzubieten, bis die Studenten wiederkommen, was am 18. Oktober der Fall ist. Von Anfang an werden mir keine Hoffnungen gemacht, dass ich auch später hier wohnen könnte.
Ich stehe zeitig auf und packe nach dem Frühstück meine Sachen und fahre mit dem Taxi zur neuen Unterkunft, schon die dritte in gerade mal einer Woche. Ich kann mein neues Studio sofort beziehen. Es handelt sich um ein modernes, sauberes und helles Zimmer im fünften Stock. Darin befindet sich eine Küchenstelle und auch ein Bad ist dabei, welches sogar eine Badewanne enthält. Diese Unterkunft gefällt mir auf Anhieb. Gleichzeitig wird mir schmerzlich bewusst, dass ich hier in einer Woche rausmuss und im meiner neuen Unterkunft den doppelten Preis für ein Studio bezahle, das nicht halb so schön ist. Für diese Woche bezahle ich hier täglich 36 Franken, was sehr günstig ist.
In meiner neuen Unterkunft
Nachdem ich meine Sachen aufs Zimmer gebracht habe, gehe ich für einige Zeit in die Badewanne und anschließend einkaufen. Die Preise sind durchgehend sehr hoch, was mich nicht mehr überrascht. Für den Nachmittag entschließe ich mich zu einer Stadtrundfahrt. Ich laufe zum Ausgangspunkt, wo ich ein Ticket für stolze 27 Euro erwerbe und erfahre, dass die Fahrt in einer halben Stunde beginnt. Nach einem kurzen Snack warte ich mit anderen Leuten auf den Bus. Als es losgeht bleiben wir zunächst auf dem rechten Ufer und fahren nach Norden.
Hauptbahnhof
Dieser überdimensionierte Stuhl mit gebrochenem Bein vor dem Genfer Hauptquartier der UNO erinnert an die Opfer von Landminen. Die letzten Tage bin ich hier täglich auf dem Weg zur Arbeit vorbeigekommen und die ILO sowie John Knox Center sind nicht weit.
World Intellectual Property Organization. Oder so ähnlich. Jedenfalls versuchen die Leute hier, Urheberrechte zu sichern.
In dem Gebäude im Hintergrund sitzt die ILO. Wie ich erfahre arbeiten hier 3000 Leute. Leider sitze ich links im Bus, während die Sehenswürdigkeiten meist rechts der Strasse liegen. Ich werde demnächst mal ein paar bessere Bilder von dem ILO Bau machen.
Das Gebäude der Weltgesundheitsorganisation, welches auf Stelzen steht und vor gut 50 Jahren von einem berühmten Schweitzer Architekten gebaut wurde, dessen Namen ich vergessen habe.
Das Museum des Internationalen Roten Kreuzes
In diesem schönen Gebäude ist ein Porzellanmuseum untergebracht, wenn ich es richtig verstanden habe. Irgendwie deplaziert, inmitten all der internationalen Organisationen und in unmittelbarer Nachbarschaft der UNO.
Im Hintergrund ist der Haupteingang zum Sitz der UNO, mit den Fahnen der etwa 190 Mitgliedsländer. Die Zahl ändert sich jede Woche.
Das Gebäude der Welthandelsorganisation. Sehr unspektakulärer Bau, angesichts der Macht dieser von vielen heftig kritisierten Organisation. Und ziemlich unauffällig. Der Reiseführer erklärt, dass es hier öfter mal Demonstrationen gibt und letztes Jahr bei Demos gegen die WHO in der Stadt einiges kaputtgegangen ist und einige Geschäfte angezündet wurden. Überrascht mich nicht und diese Ereignisse waren bestimmt für viele eine willkommene Abwechslung in dieser selbstgefälligen und behaglichen Stadt.
Das ist nun auf der anderen Seite des Sees. Das große, dunkle Gebäude in der Bildmitte auf dem Hügel ist der Sitz der ILO und das helle, große Gebäude rechts unterhalb ist der Sitz der UNO.
Die Hauptstrasse entlang des Seeufers mit der Burg (Kirche?, leider hab vergessen, wie sie das Gebäude dort oben nennen).
Das ist in der Altstadt. Die Mauer rechts im Hintergrund gehört zur alten Stadtbefestigung. Die Funktion des Gebäudes links sowie den Namen des Generals auf der Reiterstatue habe ich vergessen.
Das ist die Oper oder das Konzerthaus, wenn ich es richtig erinnere.
Und das ist das Konservatorium, in dem auch Franz Liszt beschäftigt war.
Hier steigen wir aus, um einen Park zu Fuß zu durchqueren. Hinter dem Eingang sind spielen viele Leute mit diesen überdimensionierten Figuren Schach.
Das ist die Rückseite der Universität von Genf.
Diese Figuren symbolisieren Personen, die in der Geschichte von Genf eine große Rolle gespielt haben, die eng mit der Reformation zusammenhängt.
Inspiriert von Martin Luther reisten Protestanten aus allen Himmelsrichtungen nach Genf, weil sie hier ihren Glauben wechseln konnten. Eine herausragende Rolle spielte dabei Calvin, hier der zweite von links. Der Vierte von links in dieser Gruppe ist der Britte John Knox.
Nachdem wir den Park durchquert haben, besteigen wir einen ‚mini train’, ein kleines Fahrzeug mit einer Reihe von Hängern, mit dem wir durch die Altstadt fahren, da der große Bus hier nicht zugelassen ist.
Dieser Ort war früher der Marktplatz und auch Hinrichtungen fanden hier statt.
Wir halten vor dieser alten Kirche (?, ich muss mir bald mal nen Reiseführer zulegen). Der Reiseleiter sagt, dass es in 10 Minuten weitergeht. Das ist in der großen Kirche.
Ich lasse mich hinreißen und besteige von hier den Nordturm, um Fotos zu machen. Von oben hat man einen großartigen Blick über die Stadt und den See.
Als ich die Kirche verlasse, ist der .mini train’ leider schon ohne mich weitergefahren. Das hätte ich nicht erwartet, nachdem seit unserer Ankunft kaum mehr als 10 Minuten vergangen sein dürften. Ich warte noch eine Weile und mach Fotos und laufe dann zurück. Die Stadtrundfahrt war sowieso fast vorbei.
Diese Uhr besteht vor allem aus Pflanzen und ist eines der Wahrzeichen von Genf. Viele Leute lassen sich davor fotografieren.
Ich überquere die Brücke und laufe die paar hundert Meter zurück zu meinem neuen Zuhause. Auf dem Rückweg nehme ich noch einen kleinen Einkauf mit.
Rechts die Rückseite des Palais Wilson, der Sitz des OHCHR und rechts meine neue Unterkunft.