Für heute habe ich mich entschlossen, nicht an den briefings für die fellows teilzunehmen und stattdessen ins ILO Büro zu fahren und mich auf die Wohnungssuche zu konzentrieren. Nachdem ich schon mehrfach an dem riesigen Bürogebäude vorbeigefahren bin, betrete ich es heute das erste Mal. Auf dem Weg, der vom Bus zum Gebäude führt, komme ich erstaunlicherweise über die Tiefgarage in das Haus und der erste Eindruck hier ist nicht sehr vorteilhaft. Ferner sind die Wege sehr irritierend und schon nach wenigen Minuten habe ich die Orientierung verloren. Weiterhin hatte ich die Hoffnung, im Foyer eine der kostenlosen Zeitungen zu finden, die heute erscheint und zahlreiche Wohnungsangebote enthält. Leider finde ich sie nicht. Mit dem Aufzug fahre ich in die sechste Etage, wo die Büros ‚meiner’ Abteilung sind. Hier werde ich formlos vorgestellt und erfahre, wo mein Computer und Telefon stehen. Auch von innen ist das Gebäude nicht spektakulär. Boeden und Wände sind mit grünem Teppich bedeckt, die Räume sind eher dunkel und Architektur wie auch die Einrichtung wirken irgendwie altmodisch und ein bisschen kommunistisch. Ich lerne eine andere Praktikantin kennen, die auch grad angefangen hat.
Um die Wohnungssuche effektiv zu gestalten, fahre ich in die Stadt, um die erwähnte Zeitung zu bekommen. Auf dem Weg habe ich Schwierigkeiten, den Weg aus dem Gebäude zu finden, was mich frustriert. Leider kann auch in der Stadt die Zeitung nirgends finden und ich kehre enttäuscht zurück. So beschränke ich die Suche auf die Angebote und Kontakte, die ich vorher ausgedruckt habe sowie auf die, die ich im Netz finde. Zusätzlich tausche ich Erfahrung mit der Praktikantin aus, womit der Vormittag im Wesentlichen vergeht. Sie hat Unterkunft in einem Heim für katholische Frauen gefunden, auf welches sie nicht gut zu sprechen ist.
Nach dem Mittag setze ich meine Suche fort und rufe bei mindestens 80 Personen und Einrichtungen an und schreibe zahllose E-Mails, leider zunächst ohne Erfolg. Kurz vor Feierabend erreiche ich dann eine Dame, deren Angebot sehr verlockend klingt. Ich vereinbare, am Abend vorbeizuschauen. Neben diesem Angebot vereinbare ich noch mit einer anderen Vermieterin einen Termin in der Innenstadt. Nach der Arbeit fahre ich in die Stadt. Unterwegs fällt mir ein, dass ich die erste Dame zu fragen vergaß, wann ihre Wohnung eigentlich verfügbar ist. Von einem öffentlichen Telefon erreiche ich sie nach unzähligen Versuchen und erfahre, dass die Wohnung erst im Januar frei wird. Damit hat es sich für mich erledigt. Leider ist es jetzt auch für den anderen Termin zu spät. Was von einem Tag suchen übrig bleibt, ist ein das Angebot eines Zimmers in einem Haus in einem Dorf außerhalb von Genf. Obwohl mich die Idee nicht sehr reizt, fange ich an, diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Grundsätzlich werden meine Vorstellungen von der Welt internationaler Organisationen hier täglich gesundgeschrumpft. Besonders heute in der ILO. Viele kleine Details tragen dazu bei. Da ist das Gebäude, das irgendwie ein ziemlich trauriges Bild abgibt und als ständiges Arbeitsumfeld wenig zu bieten zu haben scheint. In dem Haus arbeiten 2000 Menschen und irgendwie wirkt es fast wie der Inbegriff einer riesigen, gesichtslosen, maschinenartigen Verwaltung, in der einzelne Angestellte nur Räder in einem Getriebe sind. Ich frage zum Beispiel die IT Menschen, ob ich mit meinem Rechner ins Netz darf, aber das ist nicht möglich, da ich vielleicht nicht lizenzierte Software auf dem Rechner habe (was der Fall ist) und auch ein Sicherheitsrisiko darstelle. Das sehe ich ein, aber es lässt mich ahnen, dass ich häufiger an ähnliche Grenzen stoßen und diese Enge nicht mögen werde. Ferner bekomme ich von anderen Praktikanten den Eindruck vermittelt, dass zumindest sie hier auch wie Praktikanten behandelt werden, also die eher weniger interessante Arbeit machen müssen und ihre Initiative nicht gefragt ist. Das ist sicher nicht, was ich gesucht habe, und ich hoffe, dass es sich für mich besser entwickelt. Außerdem ist heute ein regnerischer Tag und irgendwie erscheint mir auch Genf selbst heute nicht sehr anziehend. Alles ist unanständig teuer, es scheint dennoch unmöglich, irgendwo unterzukommen. Die Leute sind reich und zufrieden, alles ist sauber, steril, aufgeräumt und funktioniert reibungslos. Im Kontrast dazu vermisse ich das pulsierende und aufregende Chaos in Phnom Penh und Addis und die Abenteuer, die dort auf den Besucher warten. Nachdem ich dort viel Raum für Eigeninitiative und ein erhebliches Maß an Verantwortung bekommen habe, fürchte ich mich nun ein wenig vor dem Praktikantendasein in dieser riesigen Bürokratie.
Hallo alter Dauerpraktikant!
Schön, dass du trotz der stressigen Wohnungssuche was geschrieben hast.
Hoffentlich kannst du mit der Zeit deiner Arbeit und der Stadt mehr abgewinnen…
Gruß
Uwe
ich suche in PHNOM PENH eine mietwohnung können sie mir helfen.mfg der berliner